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Von Stürmen, Pampelmusen und Fremdenlegionären

29. Juni 20178. Oktober 2017

Dieser Artikel ist nicht auf unserer Webseite angekommen. Scheint irgendwo im Äther verschwunden zu sein. Er liegt über einen Monat zurück, also zeitlich vor dem Aktuellen.

Der vierte Morgen auf See bricht an, der Nachthimmel gibt uns noch ein beeindruckendes Schauspiel, bevor die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg über den Horizont finden. Der Mond erstrahlt in einer kleinen Sichel, doch auch die dunkle Seite des Mondes erscheint in einem eigentümlichen Leuchten, daneben funkeln die Venus und etliche weitere Sterne. Dann geht die Sonne auf, an Backbord erscheinen die Palmenkronen von Hao und gegenüber ein Segelboot, unser erster Kontakt nach drei Tagen Einsamkeit. Der Funk rattert und es stellt sich heraus, dass es unsere belgischen Freunde auf ihrer „Pirlouit“ sind. Glücklich tauschen wir uns aus, alle sind froh, endlich angekommen zu sein, denn es war eine ziemlich harte Überfahrt. Der angeblich Stille Ozean hat uns deutlich und entgegen allen Wettervorhersagen seine launische Seite gezeigt. Vor Gambier segelten wir noch in schönen Wind, doch am nächsten Morgen werden wir wieder einmal von einer gigantischen grauen Wand begrüsst. Und die hat es in sich! Ein echter Sturm braut sich zusammen und wir schiessen mit Sturmbesegelung in 8-9 Windstärken, hohen Wellen und Starkregen dahin. Der vermeintliche Regensquall nimmt kein Ende, am nächsten Morgen wird es kurz mal heller und der Wind geht runter, doch dann erscheint schon die nächste Wand am Horizont und es geht weiter und weiter. Wir nehmen es relativ gelassen, unsere treue INTI zeigt uns, dass das genau das Wetter ist, für das sie gebaut wurde, munter surft sie mit bis zu 9 Knoten die Wellenberge hinab, wird ab und zu mal von einem Querschläger träge ein wenig auf die Seite gelegt, um sich dann wieder stolz aufzurichten. Wir können gefahrlos das Ruder an unsere Aries übergeben, alles verrammeln, uns im Schiffsbauch verkriechen, einen neuen Level der Kochakrobatik und des Schaukelschlafens absolvieren, weiterfahren und einfach abwarten. Nach 30 Stunden macht sich langsam muffig-feuchtes Käsefuss-Aroma und mürrische Stimmung im verrammelten Schiffsbauch breit, doch bei unserem regelmässigen kurzen Kontrollblick hinaus sichten wir einen Zipfel blauen Himmels und der Wind geht langsam runter. Auf der zweiten Hälfte der Reise werden wir mit Sonnenschein, gigantischen Sternenhimmel und angenehmen Winden belohnt. Wie gegensätzlich kann doch das Gesicht des Meeres sein!

Mit einem etwas mulmigen Gefühl erreichen wir gegen Mittag des vierten Tages den Pass in das Atoll von Amanu. Die schmalen, korallengesäumten Einfahrten in die Atolle haben es in sich. Es ist wichtig, mit der richtigen Tide einzufahren, denn mit falschem Timing können sich darin starke Strömungen und gefährliche Wellen aufbauen. Wir stehen in regem Funkkontakt mit den verschiedenen Booten im und vor dem Atoll. Die unterschiedlichen Quellen für die Tide sind komplett gegensätzlich und es herrscht allgemeine Verwirrung. Die drei Boote, die bei dem angeblichen Hochwasser am Morgen durch den Pass sind hatten mit 5 Knoten Gegenströmung zu kämpfen. Rik von der „Masquenada“ musste seinen Motor so hochreissen, dass er überhitzte und verreckte. Gerade so schaffte er es ins Atoll, denn einmal in der schmalen Durchfahrt gibt es es kein Zurück mehr. Wir haben Glück, mit leichten Verwirbelungen und maximal einem Knoten Strömung im Rücken rutschen wir gemütlich durch den Pass und erreichen die wunderschöne, in allen Blautönen erstrahlende Lagune. Unser erstes wirkliches Atoll beeindruckt uns sehr! Es erscheint uns surreal, in einer gewaltigen, vor Wellen geschützten, Palmen- und Sandstrandgesäumten Badewanne zu dümpeln, umgeben vom pazifischen Ozean, der sofort wieder auf Ozeantiefe abfällt. Wir werfen den Anker, tauschen die Sturmerfahrungen mit unseren Freunden, machen uns ein Bier auf und fallen irgendwann glücklich in unsere Kojen. Willkommen im Paradies!

Doch noch ein paar Worte zu dem anderen, leider etwas verregneten Paradies, das wir doch recht übereilt verlassen haben. Die Zeit im Gambier-Archipel war kurz für uns, doch ein vermeintlich perfektes Wetterfenster zieht uns nach Norden, Einheimische erzählen vom ungemütlichen Winter, es regnet sehr häufig. Aber auch die kurze Zeit hier hat uns den Reichtum dieser Inseln gezeigt. Den Reichtum an Warmherzigkeit, Geld (hier wird von der Zucht schwarzer Perlen gelebt) und den Reichtum an Zitrusfrüchten. Hatten wir zuvor immer nur von den monströsen Pampelmusen, oder auch Pomelos, gehört, werden diese hier zum Alltag. Menschen laden ein, ihre Bäume zu plündern, Orangen, Zitronen, Limetten wandern in unsere Beutel und Taschen. In den kleinen Tante Emmaläden gibt es an Frischzeug nur Zwiebel, Knoblauch und ein paar verschrumpelte Kartoffeln zu kaufen. Wer Gemüse will muss selber jagen. Nachdem wir am Morgen auf der einen Seite der Insel erfolgreich eine Bananenstaude, zwei Papayas und Zitronen geerntet haben, beschließen wir am Nachmittag, auf der anderen Seite auf Kürbisjagd zu gehen. Einige Segler haben dort ein grosses Feld entdeckt und reichlich geerntet. Wir laufen durch die dschungeligen Berge Mangarevas, werden jedesmal freundlich von den Moped- und Autofahrern gegrüsst und geniessen den so grünen Spaziergang sehr. An der Strasse ist ein grosser bewirtschafteter Garten und ein Mann wässert gerade die Pflanzen. Gut sieht das aus, saftig. Capitana kramt ihr bestes Französisch aus und fragt den Gärtner, ob man wohl ein bisschen Gemüse und Obst von ihm kaufen könnte. Kaufen? Nee. Nehmen. Uns so schneiden wir uns Auberginen vom Baum und er wuselt wie ein Wiesel zwischen den Beeten hin und her, um uns mehr Leckereien zu schenken. Am Ende sind wir reich bepackt mit grünen Tomaten, Paprika, Rettich, einer Honig- und Wassermelone, was für ein Glück! Das haben wir allerdings nicht bei der Suche nach Kürbis, das Feld ist komplett abgeerntet. Doch auf dem Rückweg trampen wir mit einer Perlenfarmfamilie, die Frau lädt uns in ihren Garten ein um, wie kann es anders sein, Pampelmusen zu ernten. Ihr Mann am Steuer erhebt Widerspruch, hat er doch noch einen wichtigen Termin zu erledigen. Doch die Frau besteht darauf, wir, ihre Gäste im Auto müssen zuerst beschenkt werden! Wir haben viel Spass, ist der Baum doch recht hoch und wir werden mit einem Kescher ausgerüstet, um die dicken Dinger zu schnappen, die ein oder andere landet saftspritzend unter freudigem Gelächter auf dem Boden. Schwer beladen und wieder einmal überwältigt von der Gastfreundschaft der Polynesier kehren wir zum Sonnenuntergang zurück auf unsere INTI.
Und dann war da ja noch der Fritz. Er leitet den TO-Stützpunkt und hat eine Waschmaschine, die sogar 40 Grad wäscht! Was für ein Luxus, wie lange hatten wir das nicht mehr! Fritz hatte eine nicht leichte Kindheit, floh später aus der DDR und landete irgendwann bei der Fremdenlegion. Dann wurde er nach Polynesien geschickt, wo er die, von den Atomversuchen kontaminierten Flugzeuge waschen musste. In Mangareva hat er eine Familie mit vielen Kindern gegründet, seine Frau ist mittlerweile jedoch gestorben. Und so sitzt er in seinem Haus, welches mit Flaggen aller Länder dekoriert ist, Geschenke der unzähligen Segler, die hier vorbeikommen. Stets ein Bier und seine Zigarettenspitze in den Händen wartet er auf das nächste Pläuschchen mit den Seglern. Laut schallt dabei deutsche Schlagermusik aus seinen Boxen, Heintje, Jürgen Drews, Freddy Quinn und allerhand Skihüttengedudel. Capitana hat er vom ersten Moment in sein Herz geschlossen und da er so gerne mit deutschsprachigen Menschen zusammen ist, organisiert er ein Mittagessen für uns bei ihm. Er stellt alle Lebensmittel bereit und nun soll Capitana kochen. Heraus kommt ein echtes Hausmacher-Gulasch mit Salzkartoffeln, sogar Petersilie gibt es, tiefgefroren. Und so dröhnen uns die Ohren, als wir mit unseren Freunden dieses Festmahl geniessen, die Musik wird nur heimlich mal leiser gestellt, wenn Fritz mal zur Toilette muss.

Soweit erstmal unser aktueller Status aus dem Paradies. Leider können wir noch nicht die Fotos dazu zeigen, denn in Amanu gibt es kein Internet und über Kurzwelle ist das nicht möglich. Doch beim nächsten Internet werden wir die Bilder hochschicken, versprochen.

via Kurzwelle
24.05.2017 – 20:46 utc
17°51.65’S
140°51.34’W
Kurs 289T Speed 0.0 Kn

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